Dass ich vielleicht auf Lieder am See gehen will, hab ich mir erst vor zwei Wochen überlegt. An diesem Wochenende hatte ich nämlich noch gar nix vor und warum denn auch nicht? Da hab ich mir schnell ein Ticket bestellt. Vor lauter Krankheit und Erkältung hatte ich mir gar keinen rechten Plan gemacht und so packte ich erst am Freitag nach der Arbeit eilig meinen Krempel zusammen und wusch mir noch nebenbei die Haare, also alles auf den letzten Drücker. Dann aber ab ins Naglfar und los. Zum Glück ist das ja kein weiter Weg bis zum Brombachsee.
Nein, das hier rechts sind erst noch die heimischen Gefielde, Nürnberg-Hafen, mit der Mississippi-Queen.
Als ich kurz vor dem Ziel gleich nach Spalt den Berg hoch fuhr, leuchtete die Reserveleuchte auf. Also nein, ich hätte nun schon gedacht, dass ich mit dem Tank noch hin und auch noch heim komm! Aber wer weiß, wie lang ich da nun auch noch im Stau rumdümpel? Es empfiehlt sich, im Kreisverkehr oben die vierte Ausfahrt zu nehmen und wieder zurück nach Spalt zu fahren, um zu tanken.
Die einzige Tankstelle, die ich dort fand, war so eine Bauerntankstelle, wo nicht mal jemand zum kassieren saß, sondern man seine EC-Karte in die Zapfsäule stecken musste. Naja, da tankte ich dann mal ein bisschen und fuhr anschließend beruhigt wieder den Berg hoch.
Mein Lieblings-Secu, der Botsi, hatte versprochen, mir auf dem unteren Campingplatz einen Platz freizuhalten. Ich sollte anrufen, wenn ich oben bin. Ich rief 4 x an, aber er ging nicht hin. Dann endlich rief er zurück und erzählte, hier sei alles voll stressig, lauter Autos, er käm zu gar nix, und er könnte jetzt nicht weg und überhaupt. "Ach, lass es" sagte ich, "dann fahr ich auf den ganz normalen Campingplatz, was soll's."
Ich hockte mich dann abends noch zu ner anderen Wohnmobilerin zwei Autos weiter, die alleine hier war. Sie war eine Witwe. Eh, das ist doch traurig, echt: Da gibt's schon mal Leute, die wirklich ne feste Beziehung auf die Reihe kriegen, die heiraten und auch zusammen bleiben ... und dann stirbt einer . So gondelte die Frau in ihrem Wohnmobil halt nun alleine in der Welt herum. Ich glaube, wenn man das Single-Festivalieren nicht absichtlich sowieso auf dem Plan hat und eigentlich einen Partner wollte und dann eben auch schon einen hatte, dann ist das echt ein schweres Schicksal.
Es war fürchterlich schwül, und es schlief sich unschön. Frühmorgens um halbneun stand der Botsi vor dem Naglfar und rief nach mir. Eh nein, ich schlaf noch! Das erkannte der Botsi dann auch und zog wieder ab. Ich krabbelte dann mal gegen elf aus dem Bett und kochte aber dann gleich einen Kaffee für die fleißigen Securities. Dann packte ich meinen Klappstuhl auf das Fahrrad und radelte den Berg hinunter zum See.
Beim Kuhstall ums Eck band ich das Fahrrad an einen Baum. Ich war relativ früh dran, stand gar nicht lange in der Schlange an und war dann gleich drin. Es war noch ein wenig Zeit, die erste Band würde erst in einer Stunde anfangen, und so spazierte ich eine Weile am See entlang.
Ich ließ die Füße im Wasser baumeln, lief barfuß am Strand entlang, ließ den Sand durch die Zehen matschen und ging wieder ins Wasser, planschen. Hee, sowas hab ich schon ewig nimmer gemacht! Ich war hier zwar schon x-mal, aber da lief ich immer gleich zur Bühne, weil meistens schon gleich Konzert war. Vielleicht sollte ich nächstes Mal tatsächlich auch Badezeug mitnehmen und richtig schwimmen?
Meinen Klappstuhl hatte ich dann zwischen Wiese und Sand hingestellt und mir einen Eiskaffee geholt.
Klamotten, Hoodie und Schuhe hatte ich über den Stuhl gehängt - das war jetzt meine Base - und dann lief ich mal zur Bühne und guckte mir Wishbone Ash an. Dann zog ich mit dem Klappstuhl um, gar nicht weit weg von der Bühne, rechts vom Weg. Dort konnte man seitlich auf die Bühne schauen, es war auch nicht weit zum Bierstand, und Seeblick hatte man auch noch. Also das mit dem Stuhl war klasse .
Es war sehr warm und arg, arg schwül. Ich hing in meinem Stuhl wie ein derprellter Frosch. Ich mochte nicht mal tanzen, denn jede Bewegung machte bei der Hitze Mühe. Da kam jemand im Haifischkonstüm daher! Der hatte ja hoffentlich eine Klimaanlage da drin, oder?
Dann traf ich noch die Claudia. Wir unterhielten uns ein Weilchen. Es artete aus im typischen Alte-Leute-Gespräch über gesundheitliche Mängel:" Ich hab so scheußliche Besenreißer, es werden immer mehr..." "und ich krieg so Dackelbacken, guck mal, die Haut - ganz welk!". Wir stellten fest: Wenn die Is*s da jetzt rein kämen, die täten alle sofort ersch*eßen, täten keine einzige verschleppen, wohl nicht mal mehr vergewalt*gen . Ja, unsere Generation hat fertig . Sehr gruselig.
Diesen Kerl da sehe ich überall! Er war auf Feuertanz, er war auf dem Rock Harz, auf dem In Flammen, er war schon öfters auf dem Wolfszeit, er ist bei jeder Gelegenheit im Hirsch und er ist auch hier bei dieser 70er-Jahre-Veranstaltung. Der zieht sich doch echt alles rein, von Folk bis Trash! "Aber du genauso" meinte er zu mir. Ertappt .
Hinter dem See zog sich nun eine Wolkenfront zusammen. Claudia meinte, es sei für 15 Uhr ein Gewitter gemeldet, aber es war schon 16 Uhr durch. Vielleicht würde es halten?
Tommi meinte, es käme jetzt ein Regen, ginge in leichten Regen über, dann würde es ein wenig aufhören und um 23 Uhr gäbe es ein Gewitter. Damit hatte er erst einmal Recht: Es kam ein Regen, teils ganz schön heftig. Ich saß auf meinem Klappstuhl, hatte so ein Regencape über mich und den Stuhl gespannt und auch noch einen Schirm. Also das hielt eine Weile. Zuerst wurde ich gar nicht nass.
Es kam ein Fotograf vorbei und fotografierte uns. Der Tommi und ich sind jetzt sogar das Titelbild bei der Radio-Gong-Galerie über das Festival geworden!
Manfred Mann spielte jetzt. Ach Mann, wenn es regnet, ist alles immer nicht mehr schön . Da saß ich so auf meinem Stuhl und hörte zu. Hätte es nicht geregnet, hätte ich bestimmt getanzt, gehüpft und gejubelt. Danach hätte ich Durst gehabt und mir ein Bier geholt. Dann hätte ich ein bisschen rumgeschaut, hätte Leute getroffen, mit dem geschwatzt und mit jenem... aber so hockte ich nur missmutig auf meinem Klappstuhl in mein Regencape eingemummelt.
Ich überlegte und wartete, dass der Regen leichter wurde. Dann gab ich aber doch meinen Becher ab und ging. Die Luft war raus. Ich hatte nasse Füße, die Hosenbeine waren nass geworden und irgendwie war alles schlagartig ungemütlich geworden. Wenn nun die Matschparty anfängt und auch noch um 23 Uhr ein Gewitter kommen sollte, dann war es tatsächlich ratsam, jetzt in der Regenpause den Kram zu packen und zu gehen. Ich würde Europe verpassen und Suzie Quatro, aber die hatte ich ja eh schon öfters gesehen, war also nicht so schlimm.
Ich klappte also schon gegen kurz nach neune den Stuhl zusammen, lud ihn aufs Fahrrad und schob es den Berg hoch. Boah, der Berg war so steil, Radfahren unmöglich, schon Schieben war anstrengend. Mehrere Mal machte ich kurz Pause, ich war ja auch noch krank und nicht voll bei Kräften. Ich war mittlerweile auch ziemlich durchnässt, teils vom Regen, teils vom Schwitzen in der schwülen Luft. Trotz Regens war es nicht richtig frisch geworden. Endlich war ich oben auf dem WoMo-Campingplatz. Die Sonne war grad am Untergehen. Zuerst plante ich, bei Suzie Quatro dann vielleicht nochmal runter zu radeln, aber da war ich umgezogen, hatte trockene, bequeme Sachen an und irgendwie hatte ich dann gar keinen Bock, da jetzt nochmal runter zu radeln und das gemeldete Gewitter noch einzufangen. Ein Gewitter blieb dann zwar aus, aber es kam ein heftiger Regen. Den hörte ich dann nur noch von außen an das Naglfar klopfen, aber ich blieb drin, ging heut nimmer raus!
2 Kommentare:
Sehr gut geschrieben. Und viele tolle Erlebnisse gemacht.
Du machst mir als kinderfreie Single Frau Mut fuers Altern. Viel ist *****, aber solange es nur geht trotzdem Spass und Neugier haben!!
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