Sonntag, 3. Mai 2015

Bayern legt nach...!

Eigentlich hatte ich mich ja gestern mit der Unterschriftensammelei ziemlich alle gemacht. Das Kreuz tat mir weh vom langen Stehen und ich hatte nicht so wirklich das Bedürfnis, heute schon wieder irgendwelche Leute vollzuquatschen und in der Gegend rumzuschreien. Das hatte ich ja gestern schon zur Genüge getan.

Aber ich hatte im GEZ-Boykott-Forum die Niedersachsen herausgefordert! Die Niedersachsen-Petition ist ja knapp 4 Wochen älter als die bayerische, und es war ja schon von Anfang an mein Ziel, mit der Unterschriftensammlung die Nase vor zu kriegen. Also habe ich groß ein Posting aufgemacht und den Niedersachsen den elektronischen Fehdehandschuh hingeschmissen, dass bis Samstagnacht um 24 Uhr die Bayern die Niedersachsen überholt haben würden.

Nun hatten wir ja gestern auf der 1.-Mai-Veranstaltung voll den Rekord von 350 Unterschriften hingelegt. Aber die Niedersachsen hatten rumgetönt, dass sie nur eine Menge handschriftlicher Unterschriftenlisten noch nicht eingescannt hätten und so super viel Backlog hätten und die noch-nicht-eingescannten Papierlisten gefälligst auch dazu gezählt werden müssten.

Heute mittags lag die bayerische Petition - nach dem Spitzenergebnis von gestern - nur um ungefähr 100 Unterschriften vorn. Das war mir denn doch zu knapp und so packte ich mein Trolleywägelchen und latschte in die Stadt.

Unterwegs kam ich an der U-Bahnstation Opernhaus vorbei und entdeckte dort lauter blaue Lampen an der Brücke. Die dekorieren wohl schon für die "blaue Nacht"? Wann ist denn die überhaupt...? Das nächste Plakat gab mir Aufschluss: Die blaue Nacht ist HEUTE. Oh!

Naja. Ich latschte erst mal zu meiner schönen Kirchenbank, legte meine Listen aus und hatte noch gar keine Schildchen ausgepackt als schon wieder die ersten Leute dort unterschrieben hatten. Na, da fing ich halt mal an und schrie rum: "Unterzeichnen Sie die Petition!", da fuhr auf einmal rasant ein Sanitäterwagen vor. "Oh weh" dachte ich, "jetzt holen sie mich ab!" Der Sanka hielt vor meiner Nase, die Notärztin hupfte raus, der Beifahrer-Sanka stieg aus, sie kamen direkt auf mich zu, guckten... nahmen jeder eine Liste, unterschrieben, drehten sich um, stiegen in ihr Sanka-Auto und fuhren wieder davon.

Völlig geplättet stand ich da: Ey, ich bin doch hier im falschen Film, oder?

Das bestätigte sich auch gleich, denn da erschien - frisch aus dem Nichts des Jahres 1985 - Marty McFly's Delorian!!!

Na, das ist doch jetzt echt nicht wahr, oder? Träum ich?!

Marty McFly und Doc Emmet Brown hielten aber jetzt nicht an und unterschrieben meine Petition. Ich glaub, da hätt ich dann echt nimmer gewusst, wie ich heiß . Sachen gibt's, hey...!

Naja, da der niedliche Delorian nicht allein auftauchte, sondern in einem Convoy lauter historischer Autos, nehm ich mal an, dass es sich um eine Showeinlage zur blauen Nacht handelte:

Wie schön! Aber dann waren sie alle ums Eck gefahren und fort waren sie. Ich stellte mich wieder hin und hielt mein Schildchen hoch.

Da kam ein junger Mann daher und meinte sehr sachlich, aber doch recht provokant: "Jetzt erklären Sie mir mal bitte, was Sie gegen die Rundfunkgebührenverordnung haben."

Nach meinen ersten Standardsätzen, die ich einem jeden auf diese Frage erzähle, ging er aber ziemlich ins Detail und erklärte mir die Vorzüge des Rundfunks. Er beendete seine Rede mit dem Satz, dass er nämlich beim Rundfunk angestellt sei und für den Rundfunk arbeitete. So und jetzt? *provozier*

Ok, dann red ich auch mal "für Fortgeschrittene" und fing erst einmal an, dass ich vorwiegend ganz persönliche Gründe für mein Engagement hier habe und zwar wie folgt:

  • Ich habe weder Radio noch Fernseher und ich finde beides auch recht blöd, da es sich um "monologe" Medien handelt. Man kann nicht - wie im Internet - seinen Senf dazu geben. So ein einseitiges Vollgeblubbere finde ich einfach nur enervierend und geistig tötend.
  • Zudem kommt im Radio sowieso nix dran, was mich interessieren tät, denn musikalisch bin ich Metaler. Ich höre gelegentlich das Stream-Radio www.Metal-only.de, das sich von Spenden finanzieren muss, und ab und zu spende ich denen auch einen 10er, weil ich die nämlich auch wirklich höre.
  • Fernsehschaun ist eine Beschäftigung, mit der ich nichts anfangen kann. Ich verstehe nicht, was daran interessant sein soll, anderen Leuten beim Leben zuzuschaun, anstelle selber zu leben.
  • Das einzig Interessante könnten naturwissenschaftliche Sendungen sein, aber auch da ziehe ich es vor, lieber ein Buch zum Thema zu lesen. Da steht's meistens ausführlicher und sachbezogener drin. Ich mag die schnelle Abfolge trivialer Stichpunkte einfach nicht. Ich möchte über einen Fakt erst einmal nachdenken, ggf. dazu noch googlen oder Sekundärliteratur bemühen und erst dann den nächsten Fakt dazu wissen (lesen).
  • Nachrichten will ich schon gar nicht sehen, weil erstens bin ich zu sensibel, um das ganze geballte Leid zu ertragen, gegen das ich nichts tun kann, weil es sich nicht in meinem Wirkungskreis befindet und zweitens ist die Berichterstattung unserer Medien sehr suggestiv, einseitig und alles andere als objektiv. Eine Weile verfolge ich jetzt die geschriebenen online-Nachrichten des russischen Fernsehens sowie des iranischen (die haben deutschsprachige Angebote) und ich bin ernsthaft erstaunt bis fast schockiert, was die melden und was unsere Medien dazu melden oder sogar einfach weglassen!
    Das beste Beispiel sind die Islamisten: Ich wusste bisher nicht, dass sich auch islamische Staaten wie der Iran ganz strikt von ISIS und anderen radikalen Muslimen distanzieren. Ich bin regelrecht entsetzt, was von den deutschen Medien in der Hinsicht für ein völlig verzerrtes Bild gezeichnet wird!
  • Ja gut. Wie dem auch sei ist das alles meine persönliche Begründung, warum ich weder mit Fernsehen noch mit Radio etwas zu tun haben will. Diese persönliche Begründung ist relativ indiskutabel. Ist halt meine Sache.
    Der eigentliche Fakt kommt aber jetzt: Aus diesen persönlichen Gründen nutze ich das nicht, ich will das nicht und wenn's nach mir ginge, wäre Fernsehen eher eine Sache, die ich abschaffen lassen würde (natürlich akzeptiere ich, dass es wohl anderen gefällt, drum tät ichs natürlich nicht abschaffen lassen. Ich sag ja bloß: "Wenn's nach mir ginge..."). Dass ich das, was ich eigentlich am liebsten abgeschafft haben wollte aber auch noch (mit)finanzieren soll, schlägt dem Fass den Boden aus! Damit das abgeschafft wird, ja, dafür tät ich gern zahlen - aber ich soll zahlen, um das zu fördern, was ich eigentlich verurteile?!
  • Als nächster wesentlicher Punkt krieg ich ja die Krise angesichts der Tatsache, dass ich zu dieser Finanzierung auch noch gezwungen werde! Ich habe nicht einmal die Möglichkeit, zu kündigen, auszusteigen oder dieses ungewollte Geschäftsverhältnis irgendwie zu beenden, sondern ich werde per Gesetz gegen meinen Willen von Dritten (dem Staat) für einen Vertrag zwangsangemeldet und zur Zahlung verpflichtet! Ein Unding!
    ...und dann heißt es in den Gesetzen und Briefen auch noch: "..der Schuldner..."? So als wäre ich an irgendetwas schuld?? Ich krieg so einen Hals, echt! Nee,also ehrlich: Ich kann mit diesem Ding nicht leben.

Da guckte mich der junge Mann ernst an, drehte sich um, ging an die Kirchenbank und unterschrieb die Petition.

Mei, da kamen mir fast die Tränen.
Boah, das hat mich echt berührt.

Über die Szene werde ich jetzt noch einige Tage nachdenken.


Erst mal widmete ich mich wieder meiner Unterschriftensammelei. Da tauchte aus dem Gewühl der Leute plötzlich der Kollege Robi auf! Ja, das ist aber schön! Robi übernahm mal gleich die Kirchenbank und ich latschte schnell vor zum Burger King, mal ein Vesper holen und mir die Finger am Kaffee wärmen, denn es war frostig kalt geworden.

Es wurden nun immer mehr Leute, die daher kamen. Es tauchten auch schon die ersten "blaue-Nacht-Besucher" auf. Die hatten offensichtlich auch schon ordentlich vorgeglüht. Hee, das heißt "blaue Nacht" - NICHT "blauer Nachmittag"!

An der Kirchenbank war bald die Hölle los! Eiiin Gedränge um die Listen!

Dann hatten Robi und ich noch so ein schönes Erlebnis und zwar: Eine Gruppe Taubstummer kam des Weges daher! Als die Erste von ihnen begriffen hatte, um was es hier ging und dies in der Taubstummensprache den anderen mitgeteilt hatte, stürmte die ganze Gruppe geschlossen an die Bank! Sie regten sich fürchterlich auf, dass sie die volle Rundfunkgebühr zahlen sollen, obwohl sie nur Fernsehen mit Untertitel verstehen könnten - und von den Untertiteln fehlt dann auch meist noch das Wichtigste, was für eine Schweinerei! Die Taubstummen kamen richtig in Rage und unterschrieben alle die Petition. Sie gestikulierten uns viel Erfolg und ein Dankeschön und verschwanden wieder.

Mei, hey, Sachen erlebste da...?

Robi und ich sammelten weiter. Irgendwann zählte ich mal die Listen durch, wieviel wir schon hatten, da waren wir um die 30 Stück!

Ströme von Leuten kamen nun aus der Richtung vom Bahnhof. Es wurden immer mehr und sie waren auch immer besoffener. Sie grölten und hauchten teilweise schon Fahnen vor sich her, dass es einem schlecht werden konnte. Weils auch bitterkalt geworden war und ich nun echt keine Lust mehr hatte - 5 Stunden stand ich jetzt schon da - packten Robi und ich die Listen und die Schildchen zusammen und beendeten die Aktion.

Mit der U-Bahn u-bahnte ich nach Hause, weil eigentlich wollte ich heute noch zum Quatroset-Stammtisch und vorher noch die Listen einscannen. Da das aber dann 32 Listen waren und ich bis halbelf einscannte und uploadete, verwarf ich den Gedanken, jetzt noch zum Stammtisch zu gehen. Bleib ich lieber daheim. Ich wollte ja auch sehen, was um Mitternacht der Run der Petitionen machte und ob wir Bayern jetzt gegen die Niedersachsen gewonnen hatten.

Der Stand um 20:26 Uhr, als ich mit dem Upload anfing, lag für Bayern bei 1189 und für Niedersachsen auf 1080.

Während ich noch uploadete, loadeten auch Philosoph und Alex up, die ein paar bayerische Listen gesammelt hatten. Allemal stand die Bayern-Peti nach meinem Upload auf sage und schreibe 1550 Unterschriften! Das ist ja mal hammerartig geil!

Dass wir gegen die Niedersachsen gewonnen haben, brauch ich ja nicht mehr dazu sagen, nä .

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