Freitag - Feierabend um 14 Uhr - und irgendwie grausts mich zur Zeit vor "daheim" so sehr, ich will bloß noch weg. Da sind ein paar Sachen, die mich belasten und stressen, aber momentan kann ich nichts unternehmen und alles, was ich machen kann, ist die Termine und Fristen abzuwarten. Drum halte ich es momentan zuhause einfach nicht aus. Nichts wie auf die Autobahn!
Ich fuhr nach Kirchberg an der Jagst, dort ist der erste Mittelaltermarkt im Jahr auf meinem Eventkalender. Der Markt fängt zwar erst am Samstag an, aber ich fuhr einfach freitags schon hin, schon nur, um nicht zuhause zu sein.
Ich war auch letztes Jahr schon in Kirchberg und erinnerte mich daran, dass die ganze Ortschaft komplett zugeparkt war und ich damals ein übles Wendemanöver mit meinem fetten Schiff in einer völlig zugeparkten Straße gefahren war. Diese Straße war dieses Jahr gesperrt. Auch die anderen Ecken, in denen ich letztes Jahr noch Parkplätze fand, waren gesperrt oder mit Halteverbotsschildern bestückt. Ich hatte ja Zeit, weil etwas Nennenswertes hatte ich heute eh noch nicht vor und so kurvte ich die Ortschaft ab und suchte nach einem Parkplatz. Ich fand auch einen ganz regulären Parkplatz in einer Parkbucht. Es lag zwar an der Hauptstraße und davor war gleich eine Bushaltestelle, aber zum Markt war es nicht weit und da blieb ich stehen.
Ich parkte ganz genau ein, so eng am Gebüsch, dass ich kaum mehr aus der Tür kam, aber immerhin belegte ich auf die Art tatsächlich nur diesen einen Parkplatz und neben mir konnten noch wunderschön PKWs einparken. Ich war zufrieden.
Ich gewandete mich ein bisschen und funkte den Charly an: "Kommst du erst morgen oder bist du schon da?" Prompt kam die Antwort: "Ich bin gleich da, brauche nur noch eineinhalb Stunden." Ah, eineinhalb Stunden ist die Fahrtzeit von Nürnberg nach Kirchberg: Charly war wohl noch zuhause und fuhr wohl nun extra gleich los, weil ich schon da war. "Ist da bei dir noch ein Parkplatz frei?" chattete er. "Ja, noch eine ganze Menge, alles noch frei" antwortete ich und gab ihm die Adresse durch, wo ich geparkt hatte.
So lief ich mal zum Markt. Dort war natürlich noch alles finster und kaum jemand war unterwegs. Nur vereinzelt waren ein paar Händler noch beim Aufbau ihrer Buden. Ich lief hinter in den Schlossgarten und da fand ich doch eine Feuerschale, um die ein paar Leute saßen. Ich setzte mich dazu, packte meine Bierdosen aus, die ich mitgenommen hatte und unterhielt mich mit den anderen. Das war eine recht lustige Runde.
Da kam schließlich dann auch der Charly daher und setzte sich dazu ans Lagerfeuer. Zum Glück hielt das Wetter, es regnete nicht. Gegen die Kälte gab es Holz und Feuer und so saßen wir da rum, tranken unser Bierchen und genossen die erste mittelalterliche Outdoor-Runde dieses Jahr. Mei, da ist man doch gleich ein ganz anderer Mensch, wieder!
Schließlich war ich müde und begab mich zum Auto. Da war parkplatzmäßig immer noch einiges frei, irgendwie machte ich mir dazu gar keine Gedanken. Nur drei Autos weiter parkte jetzt auch der Charly. Es war ruhig geworden in Kirchberg, kaum ein Auto fuhr noch und der Bus hatte schon vor Stunden den Betrieb an der Haltestelle eingestellt. Ich schlief richtig gut!
Gegen Morgen regnete es leicht, aber ich schlief ja noch bis Mittag. Dann kroch ich mal aus den Federn, zog mir was an und kochte mir einen Kaffee. Der Charly schlief noch. Neben mir stand nun ein roter PKW, ziemlich nah an mir, aber meine Tür ging noch auf und die Treppe konnte ich auch noch ausfahren.
Ich frühstückte und surfte auf dem Laptop, aber da fiel mir auf, dass da drüben schon groß ein Getümmel war. Fangen die jetzt schon an mit dem Mittelalterfest? Ich guckte durchs Fenster und sah ein paar Trecker, dazu Wagenladungen von Streu und eine Herde Kühe, die sie da einfach auf die Straße geführt hatten.
Da zog ich mir schnell meine Stiefel an, ließ meinen heißen Kaffee stehen - den konnte man eh noch nicht trinken - und guckte da mal rüber, was da ab ging. Sie hatten eine ganze Reihe Kühe dort angebunden, der Größe nach geordnet. Ich drückte mich eng an der Wand vorbei, weil vor den großen Viechern hatte ich ganz gehörig Respekt.
Die kleinen Viecher waren dagegen recht goldig, das hier war das Kleinste, noch ein ganz junges Kälbchen.
Eine Menge Kinder standen bald um die Kälbchen und streichelten sie.
Mei, das sind schon imposante Lebewesen. Ich guckte mir die Tiere eine Weile an und machte eine Menge Fotos. Vorne am Platz war anscheinend eine Prämierung, allemal standen da Bauern und hatten je eine Kuh an der Leine. Die gewaltigen Tiere wollten teils loslaufen und die Bauern, g'stand'ne Mannsbilder, stemmten sich mit ganzer Kraft dagegen, was die Kühe nicht besonders beeindruckte. Insgesamt hatten sie sie aber im Griff und gefährliche Situationen ergaben sich ja auch nicht. Nur ich, ich Stadtkind, staunte und schauderte.
Dann verluden die Bauern ihre Kühe wieder in die Transporter. Da standen die großen Trecker live, wie ich sie erst neulich bei den Bauerndemos auf Videos gesehen hatte. Gewaltige Maschinen, mannshohe Räder, PS-Protze ... und die entsprechenden Hänger, also massive, mehrachsige Wagen mit dicken Blechwänden und Rampen. Da schoben und zogen sie nun über die Rampen die Kühe hinein. Was wiegt denn so eine Kuh? Die Hänger rumpelten in ihren Grundfesten als diese Massen an Fleisch da reinstampften. Die Männer lagen teils auf dem Rücken der Kühe und banden sie im Hänger dann an Vorrichtungen an. Also wirklich imposant. Ich staunte Bauklötze und war schwer beeindruckt.
Ich ging zurück ins Naglfar und frühstückte. Es war ein chilliger Samstag, die Sonne schien und so fing ich dann mal an, mich zu gewanden. Der Charly schlief noch und so lief ich dann halt mal auf den Markt. Ich lief auch hinter dem Markt ein Stück an das Schloss und in die Altstadt. Hier gab es echt sehr verwinkelte kleine Gässchen mit alten Bauernhäusern und kleinen Hinterhöfen, manche Tür war nicht viel höher als einen Meter.
Ich schlenderte über den Markt und guckte, was es so alles gab. Nun hab ich ja letztes Jahr meinen Lieblingskrug versehentlich runtergeschmissen, und er hat nun einen Sprung, läuft aus. Eigentlich wollte ich drum einen neuen Krug kaufen, aber es war kein Töpferstand dort, schade. Aber Ratten konnte man werfen! Den Rattenstand find ich total lieb!
Ein Marienkäfer krabbelte schon herum! Der ist aber bald dran! Februar ist der neue Juni, was? Aber man sieht ja, dass sich die Natur sehr gut anpasst. Ich habe in sie vollstes Vertrauen.
Und wenn da nun einige Stimmen aus der Politik gesagt haben sollen: "Deutschland wird sich verändern, und ich freue mich darauf.", dann sage ich hiermit: "Das Klima wird sich verändern und ich freue mich darauf." - allein schon, um diese ganzen verrückten Klimahysteriker zu ärgern.
Ein bisschen was essen wär vielleicht auch nicht schlecht. Was gab es denn? Nun, es gab einen Würstchen- und Mutz-Braten-Stand, danach einen Crepe-Stand: oh, ein Crepe mit Schinken und Käse fänd ich jetzt lecker! Aber es gab kein Crepe mit Schinken und Käse. Es gab nur süße Crepes mit Nutella oder Apfelmus und schon auch deftige Crepes mit Käse und Tomaten, aber nichts mit Schinken.
Auch beim Hanfstand gab es kein Brötchen mit Hackfleisch und Knoblauch wie sonst immer, nicht einmal eins mit Putenfleisch, sondern auch nur Rucola und Bärlauchblabla, Kartoffeln, Käse oder Pilze... das macht mich wütend! Dieser subtil erzwungene Vegetarismus geht mir ernsthaft auf die Nerven!
Ich nahm mir vor, dass ich von keinem Stand etwas kaufe, wenn er nicht auch Fleischprodukte im Sortiment hat (Bäcker, Süßwaren oder Taverne natürlich ausgenommen).
Ich kaufte mir dann einen Flammkuchen mit Gemüse drauf, aber nur, weil die auch Flammkuchen mit Speck und Zwiebeln anboten. Da hatte ich zwar grad keinen Bock drauf und aß tatsächlich was Vegetarisches, aber ich hatte die freie Auswahl und konnte das selber entscheiden - und genau das finde ich wichtig.
Gegen Abend versammelte sich die ganze Szene dann an den Feuerschalen. Es war schon noch ordentlich kalt und trotz einiger Lagen an Klamotten hielt man es ohne Heizung nicht aus. So ließen wir dann den Abend am Lagerfeuer ausklingen. Der Charly blieb noch länger, als ich ging. Der bleibt ja oft bis zum Morgengrauen. Na, wart mal, wenn ich denn mal auch in Rente bin und aus diesem Hamsterrad der Arbeitszeiten ausgestiegen bin, dann bleib ich auch wach und munter, so lange ichs halt einfach bin.
Drum waren an Charlys Wohnmobil dann auch mittags noch die Schotten dicht und nichts rührte sich, als ich schon gefrühstückt hatte und dann mal in Richtung Markt lief.
Naja, sonntags ist es auf jedem Markt nicht mehr schön: Die ganzen Stinos laufen rum, ewig viele Kinder, von den Gewandeten gehen viele schon heim und auch die Shows sind halt ganz auf den Sonntag und das Alltags-Publikum abgeschnitten. Das ist nix mehr für die Insider.
Der Stoffdealer war ganz froh, als er mich sah und stellte mich gleich ab, auf seinen Stand aufzupassen, dann könnte er mal kurz auf den Topf. Da saß ich nun ein Weilchen in der Stoffbude.
Ich beschloss, dass ich besser heim fahre, bevor ich hier jetzt noch eine Tüte Süßigkeiten nach der anderen kaufte und in mich reinschlichtete. Ich verabschiedete mich von allen, die ich kannte und lief zum Auto.
Ich zog mir meine Jeans an und die Turnschuhe, stieg aus dem Mittelalter hinein in die Jetztzeit, räumte das Auto auf, drehte die Gasflasche ab, setzte mich ans Steuer, trat die Kupplung, rollte von den Keilen runter, verstaute die Keile im Kofferraum ... und dann stand ich da. Da hatte schon ein SUV entdeckt, dass vielleicht mein Parkplatz frei würde und stellte sich freudig an. Nur leider hatte sich in der Parkbucht neben mir ein PKW gestellt, links von mir war ein Gebüsch und hinter mir die kleine Straße und gleich eine Mauer. Da ich nun erst mal gerade raus musste und nicht einschlagen konnte, weil ich entweder den PKW oder das Gebüsch absenste, kam ich nicht um die Kurve. Der SUV-Fahrer war bereits ausgestiegen und winkte mich umeinander, aber ich kam nicht rum, es ging nicht. Nach einigen Versuchen - in die andere Richtung ging es genausowenig - rief ich schließlich bei der Bullerei an, meldete, dass ich zugeparkt sei und bat drum, den Halter des Nachbarautos zu ermitteln, damit der wegfahren würde und ich einschlagen konnte.
Da saß ich nun und wartete auf bessere Zeiten.
Der Günther kam des Weges und machte gleich Fotos von mir Häufchen Elend auf der Mauer hockend. Da saßen wir zu zweit auf der Mauer und unterhielten uns, aber tatsächlich kam dann eine Frau ... und sie lief ziemlich genau auf den PKW neben mir zu ... sie hatte zwei Tortendosen in der Hand, die Richtung stimmte, die Hoffnung stieg ... und tatsächlich stellte sie jetzt die Tortendosen auf dem PKW ab: jaaa, sie war die Fahrerin! Ich freute mich und die Frau war auch total nett und sie fuhr los, und draufhin kam ich auch einwandfrei aus der Parklücke raus und trat den Heimweg an und so kam ich also wieder nach Hause, bin glücklich und zufrieden und wenn sie nicht gestorben sind, rangieren sie noch heute.
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