Es gibt bei uns in der Arbeit ein ganz tolles Angebot, nämlich dürfen wir 2 x im Jahr an einem Seminar teilnehmen. Im Katalog stehen fachliche Seminare, aber auch so ein Zeug wie Gesundheit, Pilates, gesunde Ernährung oder Stressmanagement. Da haben wir uns so ein Wellness-Seminar rausgesucht und zwar hieß das "Bewegungen gegen Gelenkschmerzen" für alle Bürohelden, die den ganzen Tag am Schreibtisch rumpflunzen. Das Seminar fand jetzt von Montag bis Mittwoch in Weinheim statt.
Die Kolleginnen sind mit dem Zug hingefahren, aber weil's mir bei meiner letzten Zugfahrt fürchterlich schlecht geworden ist, fuhr ich lieber selber - mit dem Auto. Weil wir alle in einem Hotel untergebracht waren, fuhr ich dann auch nur mit dem kleinen Röhrle und ließ das Naglfar daheim.
Da war ich nun letzte Woche extra mit dem Röhrle in der Autowäsche, half aber nix, das Auto war gleich schon wieder voll dreckig.
Ich kam super durch, es gab keinen Stau, das Röhrle saust auch auf der Autobahn erstaunlich flott, und so war ich dann ewig zu früh dran. Das da war unser Hotel. Ich checkte gleich ein, ging auf mein Zimmer und warf meinen Laptop an. Da schrieben die anderen, sie seien jetzt erst in Frankfurt und warten auf ihren Anschlusszug.
Ich surfte ein bisschen und wollte auf sie warten, da schrieben sie endlich: "Kannst du uns vom Bahnhof abholen?" Anscheinend gab's nach Ankunft des Zuges nun am Bahnhof keine Taxis mehr und da standen sie jetzt in der Kälte und wussten nicht, wohin. ...und dann gibt's noch so Umwelt-Fuzzis, die einem nahelegen, man soll doch mit den Öffis fahren und das Auto aufgeben? Da seht ihr nun, ihr realitätsfernen Traumtänzer, warum ich das nicht machen werde
.
Ich ließ also alles stehen und liegen, lief runter zum Auto und fuhr sofort los. Den Bahnhof fand ich bald und sah schon in einem Gewusel aus Menschen, Autos, Bussen und Polizei die 3 Kolleginnen dort stehen und planlos herumgucken. Jetzt gab's aber ein Problem, denn das Röhrle ist wirklich arg klein. Wir quetschten uns nun zu viert in meinen kleinen Toyota Aygo. Nur 2 Köffer passten mit Müh und Not noch hinten in den Kofferraum, den 3. Koffer musste die Kollegin auf die Schoß nehmen. Wir hatten zum Glück nicht allzu weit zu fahren .
Um 14 Uhr fing schon das Seminar an und wir kamen grad rechtzeitig um 13:45 ans Hotel. Also gleich runter in den Seminarraum und dort gings dann los: Es wurden halt Bewegungen gegen Gelenkschmerzen gemacht, d.h. Dehnübungen und allerlei Verrenkungen. Am 1. Tag war das noch ganz lustig, ging auch bloß bis 18 Uhr und danach schwirrten wir alle gleich rüber in den Speisesaal.
Wow, gab's da ein leckeres Essen! Da saßen wir und futterten. "Ich hol mir nochmal was..." sagte ich - nächster Teller. Danach holte ich mir noch nen Nachtisch. Endlich passte nix mehr rein und ich hörte auf zu essen. Naja, ich hatte heute ja schon intensive sportliche Betätigung hinter mir, da kann man dann auch ordentlich was essen, nä .
Da saßen wir noch im Speisesaal und lachten, quatschten und freuten uns des Lebens. Eigentlich war ich dann echt müde. Als ich aber aufs Zimmer ging, konnte ich nicht schlafen. Das ist immer so in der ersten Nacht, weil alles ungewohnt ist und man die Geräusche am Ort nicht kennt... die Decke ist zu dünn, es ist zu warm, da kommt zu viel Licht unter der Tür durch, Geschrei von unten aus der Bar, mimimi.
Obwohl ich wirklich müde war, konnte ich kaum schlafen. Die Nacht von Sonntag auf Montag hab ich auch schlecht geschlafen, weil da war ich so aufgedreht wegen der bevorstehenden Reise. Also war ich am nächsten Tag ganz schön müd.
Jetzt fing dieser Trainer allen Übels nach ein paar Dehnübungen auch noch mit richtig bösem Krafttraining an: hinsetzen, nach hinten rollen, aufstehen, hinsetzen, wieder nach vorne rollen ... oder auf so Bällen rumbalancieren und jetzt noch ein Bein in die Luft strecken und eine Drehung nach links und jetzt halten... in kürzester Zeit war ich komplett ausgepowert. Wenn ich einen Augenblick nachgedacht hätte, hätt ich ja von selber drauf kommen können, dass es ratsam ist, sich eine Weile vor dem Seminartermin schon eine gewisse Kondition zuzulegen - aber ich habe nicht nachgedacht . Außer auf Konzerten bissl rumzuhüpfen hatte ich seit Monaten nichts mehr "Sportliches" gemacht. Also war ich bald so erschöpft, dass ich kaum noch krabbeln konnte.
Nach der Mittagspause war's nicht wesentlich besser. Mir tat alles weh und ich kriegte kaum einen Fuß mehr hoch. Wie hab ich nur den Nachmittag durchgehalten?
Zur Kaffeepause gabs dann noch so Snacks, meine Güte, wie fein! Guckt, da gab es kleine Cheeseburger und kleine Tüten Pommes. Also das war ja so liebevoll gemacht und schmeckte dermaßen lecker!
Nach der Kaffeepause ging's raus hinter das Hotel, dort war ein Sportplatz
! Da haben wir dann noch am Geländer irgendwelche Übungen mit Musik gemacht, aber ich habe mich immer ganz außen an den Rand gestellt, damit nicht so auffiel, dass ich eigentlich bloß bissl dämlich mit den Beinen rumhampelte
. Ich konnte nimmer! Meine Güte, war ich tot! Die anderen sind dann noch die Stufen hoch-gehüpft, aber ich hab mich drauf beschränkt, sie anzufeuern, ihnen Ermutigungen zuzurufen und dann zu jubeln, als die Erste endlich oben war: "Ganz toll, super haste das gemacht!"
Nee, also hatte sie ja auch echt toll gemacht. Ich hätt nicht mal mehr 3 Stufen geschafft .
Nach dem Sport wollten wir uns Weinheim anschaun, und so fuhren wir mit dem öffentlichen Bus in den Schlosspark. Es war schon relativ spät, die Sonne war am Untergehen und es war ordentlich kalt.
Dieses Weinheim ist ja ein niedlicher Ort, wirklich schön, lauter alte Häuser im Zentrum und urige Kneipen. Also guckten wir uns die Gässchen an und die Shoppingmeile und es wurde immer kälter und frostiger, mei, hat's mich gefroren! Die Bude, wo wir einen Glühwein trinken wollten, hatte dann kurz vor unserer Ankunft grad eben geschlossen. Da gingen wir gegenüber in eine Kneipe in einem alten Fachwerkhaus. Alle waren wir hoffnungslos durchgefroren, so richtig warm ist es uns selbst in der Kneipe gar nicht mehr geworden. Für den Heimweg bestellten wir uns ein Taxi.
Zum Abschluss des Abends hockten wir uns noch in die Bar des Hotels und stellten fest, dass wir dringend auch das Anschluss-Seminar buchen sollten, weil sonst vergessen wir ja wieder alles, was wir jetzt gelernt hatten .
Nachts schlief ich dann endlich mal halbwegs gut. Ich war ja auch halbtot und völlig erschöpft, alles tat mir weh.
Am Mittwoch ging das Seminar noch bis Mittag. Wir kugelten uns nochmal die Gelenke aus, dehnten uns mit so Gummi-Sportbändern, hupften auf dem Sportplatz hinter dem Hotel rum, und ich war dann dermaßen k.o., dass ich Sorge hatte, nun überhaupt noch meine 3 Stunden Fahrt nach Hause durchzuhalten.
Jeder bekam dann vom Hotel noch ein Lunch-Paket, damit wir auf der Rückreise nicht verhungerten. Ich lud das Gepäck der Kolleginnen ins Röhrle, warf den Motor an und klappte das Navi auf in der Hoffnung, dass es gleich lief und nicht wieder eingefroren war. Es brauchte lang zum Hochfahren, aber es ging. "Ausfahrt vor Ihnen, biegen Sie links ab, dann fahren Sie links" - biegen Sie links ab, dann fahren Sie links, ja ja, also wohin denn dann sonst? Mei, das hat immer so Sprüche drauf, aber mittlerweile weiß ich ja, was es meint. "Fahren Sie rechts und nehmen Sie die Autobahn." Ja, die Autobahn, die nehm ich jetzt ganz hart!
Ich achte auch mit Navi trotzdem immer ganz oldschool auf Wegweiser. Guckt mal, da gehts nach Fürth!
Es gibt tatsächlich noch einen anderen Ort, der Fürth heißt, nicht nur Fürth? Ob die Weinheimer auch so Witze über ihre Fürther machen wie "lieber Fünfter als Fürther"?
Auf jeden Fall kam ich nun heil zuhause an. Na, was heißt "heil"? Es tut mir alles weh, ich kann fast nicht mehr krabbeln, ich hab Muskelkater vom Schlimmsten, und ich fürchte, morgen ist es noch schlimmer. Aber super-schön war's und ich bin schwer motiviert, das Gelernte jetzt umzusetzen: Drum hab ich mir gerade voll sportlich so eine kleine Fitnessrolle bei Amazon bestellt .
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