Sonntag, 10. März 2019

Geisterwege

Zur Zeit hab ich a weng an Druchhänger. Zuerst - bis vorletzte Woche - war ja das Wetter recht schön und ich schmiss mich gleich in die Ranch und buddelte und ackerte voller Elan, Tatendrang und Freude. Aber dann fing es letzte Woche an zu regnen, also blieb ich zuhause. Da hatte ich nun eigentlich gar keinen Bock mehr drauf, für mich ist der Winter vorbei, ich habe die Home-Events satt und mag auch keine Hörner mehr gravieren. Also mumpfelte ich die ganze Woche relativ tatenlos zuhause umeinander. Ja, am Mittwoch, da waren Ralf, Renate und ich noch in der Pizzeria, um Renates Geburtstag nach zu feiern, also großes Gefresse.

Am Freitag kam ich dann nachmittags von der Arbeit heim und war müd. Mei, was soll ich denn schon machen: ins Sugar gehen? Da sauf ich doch bloß, das ist doch auch Schmarrn. Eh, Leute, das ist fei schlimm, wenn man alt ist und es keinen Sinn mehr macht, in irgendeine Disco oder Kneipe zu gehen, weil was will frau denn da, interessiert doch eh keinen Kerl mehr und einem jeden ist es doch wurscht, was ich alte Oma für tolle Klamotten an hab und ob ich gut oder schlecht tanz. Ich bin einfach out! Dann kann ich auch gleich daheim bleiben und mir die Kohle sparen... vor lauter Frust bestellte ich mir wenigstens ein Konzertticket: Saltatio Mortis, jetzt dann am 22.03.19, also übernächste Woche. Und was mach ich bis dort hin?

Gestern (Samstag) mittags stand ich dann auf und beschloss, trotz Scheißwetter auf die Ranch zu gehen. Dann acker ich halt im Regen, dann zieh ich mir halt einen Regenmantel an, aber mir fällt die Decke auf den Kopf! Beim Frühstücken guckte ich noch Facebook durch ... und da fand ich die Rettung: Michi postete, er würde heute abend um 19 Uhr in Finyas Taverne kommen, von dort aus dann später auf die Geisterwege am Hauptmarkt zum Geschichtenerzähler und danach in die Matrix auf die Mittelalterdisco und wer denn da mit wollte. Ah, ja: ich ich ich!

Also schmiss ich mich in Gewandung und überlegte noch: tu ich mir das an, mit der U-Bahn zu fahren, wo alle wieder blöd glotzen oder fahr ich mit dem KGA, aber dann könnt ich keinen Met trinken...? Ich entschloss mich für die U-Bahn und u-bahnte also zu Finyas. Michi stand schon davor.

Drinnen war alles reserviert und ziemlich voll. Sie wollten uns nicht einmal im Gang stehen lassen, weil wir da den Bedienungen im Weg standen. Also verzupften wir uns nach draußen, genug Felle und Gefummel hatten wir ja an und außerdem sind wir ja Berserker .

Michi wollte dann ein WhatsApp schreiben an den anderen Typen, der noch kommen sollte, aber er hatte auf seinem iPhone für WhatsApp FaceID drauf und die blöde App erkannte ihn nicht mit der Gewandung und der Schminke: hahaha, aufgeschmissen! Was braucht man auch so eine unmittelalterliche War', mei!

Der Typ kam dann aber trotzdem und so stiefelten wir zu Dritt dann zum Hauptmarkt auf die Geisterwege. Da standen wir bei dem Geschichtenerzähler. Es kam dann noch eine Normalo-Frau dazu und so liefen wir zu fünft los durch das Burgviertel und ließen uns Gruselgeschichten erzählen.

Das Wetter war echt mies. Der Wind pfiff ziemlich stark, also das war schon ein Sturm, denn vor mancher Kneipe hatte es schon wieder die Bäumchen und Blumentöpfe umgeweht. Warm war's mir nicht. Gegen Ende der Runde fing es dann auch noch an zu regnen. Leider regnete es ziemlich arg und so war ich dann auch noch nass. Also nein, so würde ich auf keinen Fall noch in die Matrix mitgehen, schade. Ich war noch nie in der Matrix, trau ich mich immer nicht hin, weil ich bin doch so ne alte Schabracke, was such ich noch bei Met & Miezen? In Begleitung der anderen beiden wär mir das aber nun wurscht gewesen und wär ich auch mit rein. Aber langsam war ich patschnass. Also seilte ich mich dann lieber ab und u-bahnte wieder nach Hause.

Daheim stellte ich dann fest, dass ich mein Ziegenfell verloren hatte. Es ist ja nur ne halbe Ziege und auch nur ne junge Ziege gewesen und ich hatte sie unter dem Umhang um die Schultern gebunden. Muss sich der Knoten gelöst haben und durch die ganzen Klamotten und das ständige Gebembel und Geklapper, was da eh andauernd ist, rutschte mein Ziegenfell wohl runter und war fort.

Ah, das ärgerte mich! Aber andererseits: wo sollte es denn sein, denn wer nimmt denn ein nasses Ziegenfell von der Straße mit? Es muss also noch irgendwo liegen, dachte ich. Also schmiss ich mich in Jeans und Turnschuh, zog die Regenjacke an, nahm meinen Schirm und stiefelte nachts um 11 noch einmal los in die Altstadt, um mein Ziegenfell zu suchen. Ich lief zur U-Bahn Lorenzkirche, wo ich eingestiegen war und von dort aus den Weg zurück, wo ich mich von den anderen verabschiedet hab, aber ich fand's nicht . Ich lief den ganzen Geisterweg noch einmal ab, rauf zur Toten-Ulme, am Barbarossa-Felsen vorbei, am Neutor vors Dürerhaus, an der Burgmauer entlang runter zur Laufer Gasse und über die hintere Sebalduskirche bis zum Hauptmarkt, aber nirgends lag meine halbe Ziege rum .

Ich hatte noch die Hoffnung, ich hätte sie vielleicht in Finyas Taverne schon verloren, aber als ich dann heute morgen die Fotos anguckte, da hatte ich die Ziege am Hauptmarkt noch an, weil da sieht man sie unter dem Umhang. Oooh, jetzt ist die Ziege weg .

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