Sonntag, 30. November 2025

Nuclear Winter, Hirschaid, am Freitag

Es war schon dunkel als ich zum Röhrle auf dem Park&Ride-Parkplatz kam. Ich warf den Koffer ins Auto, startete und fuhr heim nach Nürnberg. Zweimal "zwitscherte" mein Ooono-Copilot während der Fahrt, schon wieder fuhr ich also zu schnell , aber nicht nennenswert, und geblitzt wurde ich auch nicht.

Zuhause suchte ich mir einen ordentlichen Parkplatz, denn so eigentlich wollte ich heute dann nicht mehr fort. Morgen würde ich auf das Nuclear-Winter-Festival nach Hirschaid fahren, aber erst mal war ich doch ganz gut bedient von der ganzen Seminar-Tour und wollte eigentlich chillen.

Als ich ins Haus kam, öffnete ich erst mal den Briefkasten. Zwei Briefe lagen drin, einer von der Bank, Kontoauszug, und einer von der Polizei, oh weh , mein Blitzer! Gaaaanz ruhig, Atemübungen machen, wir leben im Hier&Jetzt, haben den Brief nur in der Hand, nicht gelesen, es ist gerade gar nix, überhaupt nix, nix, nix, absolut gar nix!

Ich war sehr froh, dass das jetzt schon kam, es war erst Ende November, ich könnte mein Fahrverbot also sofort antreten … naja, was heißt "sofort"? Morgen noch nach Hirschaid, aber am Montag würde ich dann gleich auf die Gustav-Adolf-Wache gehen und meinen Führerschein für die nächsten 4 Wochen abgeben, denn vorsorglich hatte ich mir für die nächste Zeit schon gar keine auswärtigen Konzerttickets mehr kaufen trauen.

Ich ging die Treppe hoch, schloss die Wohnung auf, schmiss Koffer und Gepretze ins Eck, setzte meine Brille auf und öffnete sofort den Brief: boaaaah! Ich war gar keine 120 gefahren, nur knapp über 100! Ich hatte 24 km/h zu viel - ab 26 km/h hätt es tatsächlich ein optionales Fahrverbote geben können! Ich war nur 2 km/h drunter! Was für ein Dusel!! Das konnte ich ja fast nicht glauben, kann doch net sein, ja, aber wenn es da steht? Sollte ich tatsächlich noch zum fahrenden Volk gehören dürfen? Ich war ganz platt, konnte das jetzt ad hoc gar nicht kapieren, hatte mich schon voll auf Laufen und Radfahren eingestellt, auch schon bezüglich einer Bahncard erkundigt und nur noch das Konzertprogramm im Hirsch und Löwensaal geguckt, wo man mit der Straßenbahn hinkommt. Das klickerte jetzt wirklich noch gar nicht richtig durch, dass dieser Kelch an mir vorbei gegangen war und musste natürlich sofort begossen und gefeiert werden: ab nach Hirschaid, sofort!

Wisst ihr, ihr buddhistischen Hier&Jetzt-Prediger der Facebook- und Kalendersprüche: Katastrophendenken und Schwarzsehen ist gar nicht schlimmm, sondern voll zweckmäßig, weil ihr habt ja keine Ahnung, wie schön die Erlösung von der düsteren Vorahnung ist! ...und wär die üble Befürchtung doch eingetroffen, wäre ich wenigstens innerlich schon drauf vorbereitet gewesen. Drum bleibe ich auch weiterhin Zweckpessimist, denn unterm Strich kommt es echt besser rum: Statt die grausige Klatsche nach der vagen, naiven Hoffnung abzukriegen, bekam ich jetzt die sichere Freude nach dem vagen, großen Grausen, ha, ich kann's kaum glauben, wie wundervoll!

Mein Gepäck für Hirschaid hatte ich schon vor der Fahrt nach Bad Soden hergerichtet, und so packte ich nur noch den Waschkorb mit dem Metal-Zeug und rauschte gleich wieder los.

Ich war natürlich zu spät dran, es war schon 18:45 Uhr als ich ankam, einiges hatte ich schon verpasst. Da stand Torstens "Bus". Ich parkte direkt davor. Ich glühte kurz vor, zog mich um, Motörhead-Jacke an und lief dann gleich vor in die Jahnhalle. Dort gab's ein kleines Problem: Die hatten am Eingang kein EC-Cash und ich hatte noch kein Ticket (hatte mir keins bestellen trauen, denn kalkulierte damit, ggf. keinen Führerschein mehr zu haben und gar nicht hinzukommen). Also zahlte ich an der Abendkasse bar und hatte dann nur noch einen Fuffi in der Tasche.

Nach meiner Business-Tour war das jetzt wie Heimkommen: die ganzen wilden Leute, die Kutten, die Nieten, lange Haare, überall Bier - herrlich! Niemand hielt mir die Tür auf, um der feinen Dame Einlass zu gewähren, tütütü, sondern ich konnte ganz ungeniert selber für mein Fortkommen sorgen: "Hey, du Arsch, ich will da rein, geh mal weg da!" Ich fühlte mich so wohl, hey, so schön! Na, ich war einfach super gut drauf, beste Laune ever.

Zum letzten Song dieser Band kam ich in die Halle. Dieser letzte Song hörten sich ganz gut an, aber ja mei, alles verpasst. Ich traf auch gleich die Karin, dann den Benni und schließlich Torsten und Javy. Die Töchter waren wohl heute gar nicht dabei? Während der Umbaupause guckte ich mich um, wer alles da war und holte mir auch gleich ein Bier.

Ich hatte gar keine Ahnung, wer denn alles spielt, denn ich hatte noch gar keine Zeit, mich um irgendwas zu kümmern oder überhaupt nur das Line Up anzugucken. Umso überraschter war ich als jetzt als Nächstes tatsächlich Total Hate auf die Bühne kamen. Wie geil !

Ich freute mich wie ein Schneekönig und moshte mir einen ab. Manchmal frag ich mich schon, woher ich die ganze Energie nehme, ich hatte schon immer zu viel davon und muss zusehen, wie ich sie austoben kann . Noch während des Gigs von Total Hate ging ich zum Merch und kaufte ein Shirt von ihnen. Eine CD und einen Patch hatte ich ja schon beim letzten Konzert von ihnen gekauft. Das Shirt kostete nur 15 € und war von der Substanz her auch nicht schlechter als die für 40 € von manch anderer Band. Da zahlt man also mind. 25 € nur für den Namen!

Das Bargeld in meinem Geldbeutel wurde nun langsam knapp, hui. Für wieviel Bier reichte es noch? Für heute ging's noch, morgen würde ich nach Hirschaid reinlaufen müssen und irgendwo was abheben.

Die nächste Band kam auf die Bühne: Hellbutcher. Die waren so übertrieben benietet und aufgestachelt, dass es schon wieder geil war.

Ich hatte mich mittlerweile wieder etwas beruhigt und hüpfte nur noch "normal" rum. Schließlich wurde ich doch müd. Ich war heute um 7 aufgestanden, hatte einen halben Seminartag hinter mir, ein fettes Hotelbuffet zu Mittag, anschließend eine lange Zugfahrt, eine Briefkastenüberraschung vom Feinsten, noch eine Nachtfahrt mit dem Naglfar zur Anreise hierher - und jetzt war ich langsam durch. Ich machte mich deswegen nach Hellbutcher ins Naglfar und legte mich ab.

Das Leben ist schön - wenigstens manchmal .

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