Antifa-Demo

Die Renate SMSte mich frühmorgens an, dass sie heute nicht kommen könnte, um meine Haare zu färben. Also konnte ich dann doch auf die Antifa-Demo gehen. Die startete schon um 12 in Fürth - da lag ich natürlich noch im Bett. Aber dann schaffte ich es, bis 14 Uhr am Plärrer aufzuholen. Dort startete die 2. Etappe.

Kurz vorher kriegte ich noch ne SMS von Ino. Der hatte Bauchweh und Magenschmerzen, drum wollte er nicht kommen. Natürlich blieb auch Co dann zuhaus. Der Nille kam auch nicht, weil er an seiner Diplomarbeit schrieb. Mei, das ist mir ja ne müde Führerelite! Aber wenigstens Holle und Lisa waren dort.

Ja und der Lutz, der kam auch noch.

Es waren doch ne ganze Menge Leute, die sich da trafen und dann unter Polizeischutz durch die Innenstadt zogen. Dabei waren auch teilweise ganz aggressive Parts dabei. Das fing schon in der Ludwigstraße an als einige Leute so Rauchdinger zündeten.
An der Lorenzkirche gabs dann einen Zwischenstopp und irgendeine Kundgebung. Guckt euch mal die Dreadlocks von dem an! Ist ja irre! Aber nein, damit nicht genug, gleich muss sich einer davor stellen, dessen Dinger noch mal ein Stück länger sind. Pf, Männer!

"Fotografier doch mich auch mal" meinte ich zu Lisa, weil sonst bin ich immer nie auf meinen Fotos drauf. Wir stellten uns vor die Grünen, so als Hintergrunddekoration. Dabei stellten wir fest, dass die sich schlagartig alle umdrehen, wenn ne Kamera auf sie gerichtet wird - hey, ganz wie Vampire! Weil sie es wohl nicht mögen, fotografiert zu werden, wische ich auch die beiden Gesichter noch gar aus, die es nicht schnell genug zum Umdrehen geschafft haben.

Ich fotografierte also schön in der Gegend herum, da fand ich auch dieses Christenmädchen, das sich unter die Demonstranten gemischt hatte und versuchte, diese zu bekehren! Warum in aller Welt müssen Christen immer dort auftauchen, wo man sie partout nicht brauchen kann: auf Demos, auf Metal-Konzerten, auf Festivals, auf Partys - so als wollten sie um jeden Preis stören! Die entsprechend prollige Antwort fuhr sich die Kleine dann auch ein.

Die Demo zog nun weiter bis vor's Gewerkschaftshaus.

Beim Tonsberg-Laden tragen sie die Absperrgitter gar nicht mehr weg, das lohnt sich nicht. Die stehen da immer an der Commerzbank gestapelt, weil sie brauchen sie ja eh alle paar Tage. Also war gleich nullkommanix die Straße abgeriegelt.

Es kam dann wirklich zu ner sehr aggressiven Stimmung, denn aus der Menge der Demonstranten flogen Knallbomben, Flaschen und ein paar Trümmer gegen die Polizisten. Diese hatten auch schon ihre komplette Rüstung angelegt und die Schlagstöcke einsatzbereit gezogen. Aber dann tauchte irgendso ein Gitarrist auf und begann vor dem Gewerkschaftshaus mit einer Performance, so dass ne Menge Demonstranten da rüber liefen um zu gucken, was es dort hinten rechts zu sehen gab. Mei, jedesmal das Gleiche: Dann rief einer von hinten links, da seien ein paar Nazis und schon liefen ein paar Gewaltbereite ganz schnell dort hin, um die Nazis zu verprügeln, die dann natürlich alle schon weg waren *gähn*. Dabei blieben dann vor der Absperrung nur noch ne Hand voll Krawallmacher, die sich dann auch nicht mehr weiter vor trauten, weil sich alle anderen verlaufen hatten. Und keiner hat's gemerkt, dass das alles jedesmal dieselbe Taktik ist. Seid ihr doof!

So n Mädchen nölte rum, wie feige sie sind und dass sie nun wieder nichts gegen den Laden ausrichten konnten *heul*. "Meine Güte, Mädel!" meinte ich: "Von diesen Demos lebt der Laden! Wir sind für den die beste Werbung. Wenn man wirklich was ausrichten will, muss man ganz anders vorgehen, nämlich den Gegner dazu bringen, dass er wie gewünscht reagiert. Das heißt Taktik, Diplomatie und Politik."

Ich weiß nicht, vielleicht langweilen mich gewisse Dinge im Leben ausgerechnet deswegen so: Früher habe ich noch geglaubt, wenn ich laut gegen irgendwas krähe, könnte ich was bewegen und fühlte mich als mutiger Held in einem wichtigen Kampf. Heute habe ich eingesehen, dass ich damit bestenfalls gar nichts bewege, meistens jedoch eher noch das Gegenteil von dem, was ich erreichen will. Ich kann in Kämpfen nichts weiter mehr sehen als ne Party. Das ist zwar lustig, aber da hat eine ganze Menge im Leben ihren Sinn verloren! *seufz* Ist diese Einsicht eine Alterserscheinung?

Da zum Beispiel! Da lief dieser gute Junge mit seinen Coladosen auf den Spikes schon seit der Lorenzkirche vor sämtlichen Bullennasen und -kameras herum. Auf dem Weg bis vor den Laden hatten die schon ne ganze Biographie von ihm gedreht. ...weil er ja auch überhaupt nicht auffällt mit seiner "Frisur", nä! Aber nun, vor dem Laden, zieht er sich ein Tuch vor's Gesicht: Was soll das, Bub? Meinst du echt, dich erkennt keiner?

Eins zwei drei vier Eckstein - alles muss versteckt sein! Also den find ich ja echt niedlich, wie er hinter seinem Transparent vorspitzt.

Da sich die Demo langsam verstreute, machte ich mich auch vom Acker. Ich radelte heim und zog erst mal die Bilder runter von der Kamera. Die anderen waren weiter in die Desi gegangen, wo heut abend ne Party laufen sollte. Aber ich entschied mich dann, doch lieber auf's Whisky-Tasting zu gehen.

So kurz nach 19 Uhr radelte ich von zuhause los. Auf dem Radweg kam mir auf seinem Rad der Sixpack entgegen. Sein Gesicht war blutverschmiert, er wirkte ziemlich verwirrt und erzählte mir eine Geschichte von Nazis, die ihn gerade verprügelt hätten und das tat so weh! Bitte was, sag mal, geht's noch? Ich konnte ihn dann überzeugen, dass er sich erst mal sein Gesicht waschen sollte, vielleicht auch desinfizieren und möglicherweise vielleicht einen Arzt aufsuchen sollte. Keine Ahnung, was da passiert ist. Er radelte dann jedenfalls weiter...

P.S.: Die restlichen Pics von diesem Event findet ihr auf meinem MySpace-Account unter Fotos/Antifa-Demo 29.05.10