Ich wollte den Robse sehen. Den hatte sie schon wieder voll früh auf die Running Order gesetzt, schon um 13:30 Uhr. Diesmal beeilte ich mich mit Frühstücken und ploppte noch rechtzeitig auf dem Infield auf: Da war er! Robse meinte, es habe schon so seine Vorteile, wenn man 13 Jahre bei Equilibrium gesungen hat, da hätte man die Rechte auf alle ihre guten Songs. So sang Robse eine ganze Menge Eqilibrium-Songs. Ich muss mir sein Album doch nochmal reinziehen, vielleicht kauf ich's ja doch?
Ich schlenderte so über das Infield und sammelte Eindrücke: ein Todesengel, guckt mal!
Ich will jetzt was Süßes! Kekse oder Schokolade wäre fein. Ein Crepe? Ach nein... aber hier: einen Donut! Ja! Ich kaufte einen von diesen Donuts - für 3,50 €. Das ist ja schweineteuer, aber der Donut war überaus lecker, dass ich sogar überlegte, mir noch einen zu kaufen. Nein, nix wie weg von diesem bösen Donut-Stand!
Mei, früher... also ganz früher meine ich, so in den 60ern und 70ern, da waren Festivals ja nur was für Jugendliche. Auf meinem ersten Festival - das war 1976 - war kaum einer älter als 25. Ja, was hat sich da bis heute geändert? Das Publikum anscheinend nicht, sind immer noch dieselben Leute von 1976
.
Ich find das ja echt recht praktisch und habe schon ernsthaft drüber nachgedacht, mir auch so einen Gehwagen zuzulegen. Er hat nämlich einen ganz, ganz großen Vorteil: Man kann sich jederzeit draufsetzen . Das war jetzt hier am Rock Harz nicht notwendig, weil das Wetter war herrlich, man konnte sich überall auf den Boden setzen, aber wenn es regnet und alles nass ist und man dann so einen Sitz mitschiebt? So hatte ich denn auch den Mann im Verdacht, dass er seinen Wagen nur aus reiner Solidarität zu seiner Frau dabei hatte, denn der schleuderte ihn eher herum und einen wirklich gehbehinderten Eindruck machte der Kerl nicht.
.
Auf dem Weg traf ich noch Sven und Anja, die erzählten mir, dass um 15 Uhr Knorkator auf dem Infield seien. Sie würden zwar nicht auftreten, aber als Gäste an dem Nocut-Stand seien sie angekündigt. Also ging ich doch da gleich hin.
Na klar, da war natürlich kein Durchkommen mehr. Ich sah nichts von Knorkator, nur Alfs dringliche Stimme war aus der Meute zu hören. Auf Geratewohl hob ich das Handy einfach ganz hoch und drückte ab, da sah man wenigstens ein bisschen was von seinem Gesicht.
Aber wartet mal: Was ist denn mit der Plakatwand im Hintergrund? Ist dahinter abgesperrt? Warum ist da keiner? Ich lief da rum, aber da war alles frei, keine Securities, nix, also stellte ich mich direkt hinter diese Wand, hob das Handy drüber und drückte blind fleißig ab: ja Volltreffer! Ich drehte sogar ein nettes Video, wie Alf mit nem Ball um sich schmiss.
Was war da eigentlich? Konnte man da was gewinnen? Vielleicht ein romantisches Candlelightdinner mit den Herren? Naja, da ging ich doch mal wieder weiter.
Hatte ich was erzählt von wegen, der Einhorn-Trend sei zum Glück wieder rückläufig? Da hat sich wohl einer das letzte Einhorn gar noch gekrallt und ordentlich festgemacht, damit es nicht mehr entwischen kann.
Da haben wir auch einen Ketten-"Log", Vorsicht, bissig. Den hatten sie ja schon auf der Rock-Harz-Facebookseite gepostet, aber nun hab ich ihn auch IRL gefunden, als ich zum Camp hoch lief. Die Freunde riefen nämlich zum Grill, da tauchte ich natürlich auf und grillte mit.
Zurück auf dem Infield entdeckte ich doch glatt den Manfred aus Kassel. Das ist total der liebe Kerl, aber er kriegt halt die Kurve oft nicht.
Das hat ja durchaus auch seine Vorteile, denn hier machten gerade In Extremo Autogrammstunde und eine Menge Leute standen schon ewig an um dran zu kommen. Nicht so der Manfred.
Der stand gar nicht an.
Er stand nur dumm rum.
Dann nahm er sich da vom Tisch ein Kärtchen und nölte die In Extremo so lange voll - die konnten ja hier vom Tisch nicht davon laufen - bis sie ihm halt ein Autogramm gaben.
Ich hatte vom Naglfar meine Abbath-Puppe geholt, denn jetzt würde dann gleich der Abbath auftreten.
Da war er auch schon. Ich hatte mich bis in die erste Reihe vorgekämpft und stand da mit meiner Puppe.
Wer in der ersten Reihe steht, ist verpflichtet, sich aufzuführen, find ich. Wer bloß still rumstehen will, soll nach hinten! Also führte ich mich auf. Ich moshte und die Puppe moshte und ich hüpfte und kreischte und growlte schrie und jubelte. Nicht nur dem Abbath da oben war ich aufgefallen, sondern auch den Fotografen und so machten gleich welche einige Fotos von mir und meinem Püppchen.
Für die erste Reihe und die Leute, die sich da aufführten und die wilde Sau markierten, wurde jetzt von den Grabenschlampen Eis verteilt - zur Erfrischung, damit keiner umkippt.
Also ich muss mich ja echt selber wundern, weil es gibt manche Sachen, da toucht mich einfach was und dann rausch ich da los wie der Berserker und tobe durch die Gegend und das in meinem Alter, aber da merk ich nix von irgendwelchen Zipperlein oder dass mir doch eigentlich manchmal mein Knie weh tut und Arthrose und so, ja von wegen: mosh mosh hüpf tob!
Ich tobte den ganzen Abbath-Gig durch. Ja gut, ab dem vorletzten Song dachte ich dann langsam schon ans Schlappmachen, aber das wollte ich dem Abbath nicht antun, einfach vor dem Ende zu verschwinden, geht ja nicht, also weiter!
Abbath's Auftritt hat mir einfach super gefallen, die Stimmung war einmalig. Ich war total geflasht und dann am Ende auch erschöpft und glücklich.
Ich lief zurück zum Naglfar und brachte die Puppe ins Auto. Was für ein herrlicher Abend!
Danach ging ich nochmal runter, weil nun kamen doch noch In Extremo und die wollte ich schon sehen.
Einer von den In Ex hatte sogar noch ausgerechnet heute Geburtstag und so sang ihm das Publikum ein Ständchen.
Ansonsten war der In Ex-Auftritt sehr romantisch und episch: Für alle feinen Seelen, die nicht mehr unter uns weilen, wurden Handylampen und Feuerzeuge angezündet. Wie erzählte der Sänger: dass nun schon viele in dem Alter sind, in dem man die Eltern verloren hat, Freunde, Geschwister oder sogar den Partner.
Ja, das stimmt durchaus; da bin ich ja wieder mal nur froh, dass ich keinen Partner habe. Da hast' dich endlich an den gewöhnt, bist zusammengewachsen, und dann stirbt der. Sowas Blödes!
Allein daran ist doch schon erkenntlich, dass irgendein "Gott", "Schöpfer" oder "Design" fernab jeglicher Intelligenz dahindümpelt. Sowas kannste doch nicht bringen, wenn nur 1 Funke Intelligenz vorhanden wäre. Ganz logisch ist die Quelle allen Seins und Geschehens einfach nur die unbändige Kraft; die Lava bricht aus dem Vulkan, weil zu viel davon drin ist, groaah, raus mit Gebrüll … und alles was daraus entsteht oder auch zugrunde geht
, ist nur unbeabsichtigte Folge des Kraftausbruchs. Kein Plan, kein Ziel, keine Verantwortung, keine Intelligenz - nur kausale Folge. Tatsächlich ist genau das das Wesen der Natur.
Abra makabera, dreimal schwarzer Quader - zu Ende ging es mit dem Rock Harz, es ist so traurig! Mich überkommt da am Ende von Festivals immer diese oh-nein-alles-aus-Depression . Es war so schön! ...und nur eins verhinderte, dass ich nicht grad raus in Tränen ausgebrochen bin: In drei Tagen schon fahr ich weiter nach Torgau auf In Flammen, sehe dort meinen Harry Heep endlich wieder und auch den Torsten von der Eisenbahn und Napalm Death
.
Eine gewisse Festival-Sucht habe ich nie geleugnet .