Gegen halbzwölf bekam ich einen Anruf. Es war die Zeitarbeits-Disponentin, die fragte, wie es mir denn jetzt nach der Krankheit ginge. "Ja, geht schon" antwortete ich, und: "Ich geh jetzt dann später wieder rein." "Brauchen Sie nicht." meinte sie: Der Einsatz ist zu Ende und die Zeitarbeit wird mich wahrscheinlich kündigen.
Das heißt, ich muss da wirklich nicht mehr rein? Ich kann es gar nicht glauben!
Ich brauchte eine Weile, um das überhaupt zu begreifen; dann lief ich los, hinter zum EWS, und kaufte eine Flasche Sekt. Für diesen besonderen Tag plante ich schon seit langem ein kleines Ritual, lasst euch erzählen:

Als die Chefin dann an meinen Schreibtisch kam, zuckte sie regelrecht zusammen vor Entsetzen. Ich hör noch heute meinen Namen in dem empörten Ton ihrer Stimme klingen. Wie ein kleines Kind stand sie neben mir und ließ ihrer Enttäuschung freien Lauf: ...dass ich mir angemaßt hatte, das Geschenk schon jetzt - 2 Tage vor Weihnachten - auszupacken, womit ich auch für die anderen die ganze Überraschung vernichtet hatte, die nämlich dasselbe gekriegt hatten und nun wussten, was es war, oh Schreck, oh Gott, oh weh!
Bei der Szene wäre ich am liebsten in Grund und Boden versunken.
Ich hab mich so geschämt!
Ich wollt in Ohnmacht fallen, so peinlich war mir das, aber leider blieb ich bei Bewusstsein.
Ich krieg das Skurrile daran heute noch nicht in meinen Kopf: dieses billige Ding von einem Kerzenständer, wahrscheinlich aus irgendeinem 1-€-Shop, 3 lumpige Teelichte lieblos mit Tesafilm angepappt, in irgendein Geschenkpapier eingewickelt ... bitte, soll das auch was sein? Abgesehen davon: Ich erwartete ja gar nichts und war mir bewusst, dass Weihnachtsrituale in Firmen reine Anstandsangelegenheiten sind. Ich wollte meine "Dankbarkeit" ja auch nur "richtig machen", wie es sich eben gehört, und dann bringt die da so eine Szene?
Verzweifelt ramschte ich die Kerzen wieder irgendwie zurück in das Geschenkpapier, versuchte es wieder einzupacken, dass es keiner mehr sah - bitte, bitte: rückgängig! Undo, undo, schnell! - ich wusste im Moment gar nicht mehr, was ich tun sollte, so geschämt hab ich mich...
Ich versteh auch bis heute nicht, was denn jetzt so schlimm dran ist, dass ich es ausgepackt habe: Wie alt simmer denn? Hat die erwartet, dass man das jetzt unter den Weihnachtsbaum stellt, ein Kerzchen anzündet, "oh du Fröhliche" singt, Geschenke auspackt und vor Überraschung zerfließt, wenn man ihren tollen Kerzenhalter auspackt? Was ist denn bitte das für eine infantile Dimension? Ich komm da nicht rüber und kann diese skurrile Szene echt bis heute nicht einordnen. Dieser Kontrast zwischen Erwartungen, Gesinnung und Verhaltensnormen ist so tief, dass ich es echt nicht verarbeiten kann. Versteh ich einfach nicht.

Ja gut, dieser Arbeitstag vor Weihnachten ging auch vorbei.
Ich hatte den Kerzenhalter zuhause und bewahrte ihn im Regal auf, irgendwo hinter den Büchern. Eines Tages würde ich ihn noch brauchen - und dieser Tag war heute!





Nachtrag: Ich hab dann heute auch meinen Blog überarbeitet und den Spitznamen der Chefin entfernt, weil die Sache ist gelaufen und ich will hier ja niemanden beleidigen.
Tja, so im Nachhinein muß man wirklich sagen, dass Deine Chefin definitiv was am Helm hat. Irgendeine Persönlichkeitsstörung, oder so!.
AntwortenLöschenHätte nicht gedacht, dass sie so extrem reagiert und Deine Befürchtungen sich bewahrheitet haben.
Aber folgt auf die Beendigung Deines Arbeitseinsatzes gleich automatisch die Kündigung der Zeitarbeitsfirma?
Was ist, wenn die doch noch irgendwas anderes für Dich auftun und Du feststellst, dass Du mit dem Aufgabengebiet gut klar kommst und die neuen Arbeitsbedingungen wesentlich angenehmer sind als die alten?
Das glaub ich nicht, dass die mich behalten, aber wenn, versuch ich's natürlich. Ich rechne aber heute, spätestens morgen mit einer Kündigung im Briefkasten.
AntwortenLöschendann könntest Du Dich in diesem Falle ja weiterhin den Renovierungsarbeiten an Deinem Haus widmen ;)
AntwortenLöschenAlso langweilig wird's mir garantiert nicht! :-)
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